In einer Gesellschaft, in der das Rauchen von Zigaretten zunehmend aus dem öffentlichen Raum verbannt wird, wächst die Akzeptanz für den Konsum von Cannabis. Der scharfe Geruch einer Zigarette führt oft zu genervten Blicken und Abstandsgeboten, während der charakteristische Geruch eines Joints in vielen Städten immer öfter als Teil des urbanen Lifestyles wahrgenommen wird. Dieser offensichtliche Widerspruch wirft eine entscheidende Frage auf: Leben wir in einer Gesellschaft der doppelten Standards, wenn es um Genussmittel und deren Konsum geht?
Der Fall der Raucher: Vom Glamour zur Ächtung
Jahrzehntelang war Rauchen ein Zeichen von Eleganz, Freiheit und Rebellion. Heute ist das Bild ein völlig anderes. Tabakrauch wird als gesundheitsschädlich angesehen, sowohl für den Rauchenden selbst als auch für die Passivraucher. Rauchverbote in Restaurants, Kneipen, öffentlichen Gebäuden und sogar an Bahnhöfen sind zur Norm geworden. Die Gesellschaft hat sich geeinigt: Rauchen ist nicht nur ungesund, sondern auch sozial unerwünscht. Die Stigmatisierung der Raucher ist ein direktes Ergebnis dieser veränderten Wahrnehmung.
Die Akzeptanz der Kiffer: Cannabis im Aufwind
Gleichzeitig erleben wir einen dramatischen Wandel im Umgang mit Cannabis. Die Teillegalisierung in Deutschland und die Legalisierung in vielen anderen Ländern weltweit haben Cannabis von einer verbotenen Droge zu einem regulierten Genussmittel gemacht. Die Befürworter betonen die medizinischen Vorteile, die geringeren Risiken im Vergleich zu Tabak und Alkohol sowie die persönliche Freiheit. Die Kiffer-Kultur, einst im Untergrund, wird zunehmend sichtbar und gesellschaftlich akzeptiert. Der Geruch von Cannabis wird von vielen als weniger störend empfunden oder einfach ignoriert – ein Kontrast zur Null-Toleranz-Haltung gegenüber Tabak.
Wo liegt die Doppelmoral?
Hier liegt der Kern der Kritik. Beide Substanzen werden geraucht, produzieren Rauch und sind potenziell gesundheitsschädlich, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Doch die gesellschaftliche Reaktion könnte nicht unterschiedlicher sein.
- Der Geruch: Warum ist der Geruch von Tabak Rauch für viele ein K.o.-Kriterium für die soziale Interaktion, während der Geruch von Cannabis vielerorts einfach hingenommen wird?
- Die Gesundheit: Während die gesundheitlichen Risiken von Tabak unbestritten sind und zu rigiden Gesetzen geführt haben, wird bei Cannabis oft nur über die psychoaktive Wirkung gesprochen. Dabei enthält auch Cannabisrauch viele der schädlichen Substanzen, die in Tabak zu finden sind, und ist nicht frei von gesundheitlichen Bedenken.
- Die Freiheit: Raucher müssen oft ihre Gewohnheit verstecken und sich in engen, ausgewiesenen Bereichen aufhalten. Kiffer hingegen scheinen eine neue Freiheit zu genießen, die ihnen ermöglicht, ihre „Sorte“ und ihren Konsum offener zu präsentieren.
Fazit
Es ist eine faszinierende Entwicklung, die die Werte unserer Gesellschaft neu definiert. Während wir uns von der öffentlichen Tabak-Kultur verabschieden, scheinen wir eine neue Kultur des Cannabis-Konsums zu begrüßen. Es stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung rational begründet oder eher Ausdruck eines selektiven Wandels ist, bei dem das eine Laster durch das andere ersetzt wird. Ist es eine echte Veränderung oder einfach nur eine veränderte Wahrnehmung, die uns dazu bringt, bei dem einen die Augen zu verschließen, während wir bei dem anderen kompromisslos sind?